Was macht eigentlich… Vratislav Lokvenc

Lang, schlaksig, dennoch äußerst geschickt am Ball: Vratislav Lokvenc (Foto: Bösl / KBUMM):

Was macht eigentlich… Vratislav Lokvenc

13. Mai, 2017 08.00 Uhr

"Zu Beginn meiner Karriere hat mir jemand mal gesagt, dass ich bis zum Alter von 36 Jahren aktiv Profifußball spielen werde. So ist es dann auch gekommen, und das war optimal", sagte unser heutiger Protagonist kürzlich in einem Interview. Tatsache: Als die Karriere des großgewachsenen Stürmers Vratislav Lokvenc in Ingolstadt ihr Ende nach der Spielzeit 2008/09 fand, konnte der tschechische Nationalspieler auf eine beeindruckende Karriere zurückblicken. Begonnen hatte diese bei SK Hradec Králové im Nordosten Böhmens. Schnell wurde sein Talent erkannt und Tschechiens Elite-Club Sparta Prag sicherte sich die Dienste des kopfballstarken Offensivakteurs. Derselben Generation wie die Superstars Karel Poborsky, Pavel Nedved und Vladimir Smicer angehörend, benötigte "Loki" allerdings sieben Jahre und 163 Liga-Spiele, bevor er mit der Empfehlung von 74 Pflichtspiel-Treffern den Schritt nach Deutschland gehen konnte. Der Weg führte ihn zum 1. FC Kaiserslautern, wo er bis Sommer 2004 in der höchsten Spielklasse auflief.
Bei den "Roten Teufeln" hinterließ der Tscheche bleibenden Eindruck. Schon in der ersten Saison für Kaiserslautern erzielte er in 30 Spielen neun Treffer, insgesamt sollten es 36 werden, bevor Lokvenc in der Saison 2004/05 zum VfL Bochum wechselte. Mittlerweile zwei EM-Teilnahmen im Lebenslauf verbuchend, konnte er seinen Torriecher erneut unter Beweis stellen, wurde den Erwartungshaltungen aber nicht ganz gerecht. Der VfL scheiterte frühzeitig im Europapokal und stieg letztendlich ab.

Bei seinem neuen Verein RB Salzburg, bei dem zu jener Zeit auch unser Sportdirektor Thomas Linke die Karriere ausklingen ließ, wurde der Routinier schnell zum „Joker“ und kam in seiner ersten Saison nur auf fünf Einsätze. Es reichte dennoch für die Teilnahme an der WM 2006 in Deutschland, bei der Lokvenc zwei der drei Vorrundenpartien bestritt, bevor der "Geheimfavorit" Tschechien auch bedingt durch personelle Ausfälle (Vladimir Smicer fehlte komplett, nach dem 3:0 im Eröffnungsspiel gegen die USA musste man auf Jan Koller verzichten, Milan Baros lief erst im letzten Gruppenspiel mit Sprunggelenksverletzung auf) frühzeitig die Heimreise antreten musste.


Vratislav Lokvenc erzielte sechs Treffer für die Schanzer (Foto: Bösl / KBUMM).

In der Saison 2006/07 wurde er beim österreichischen Spitzenclub zwar öfter eingesetzt, spielte dennoch nur siebenmal von Beginn an. Insgesamt kam er 26 Einsätze (fünf Tore). Dennoch darf er sich den Titel „Österreichischer Meister“ auf die Fahnen heften. In der Bundesligasaison 2007/08 erging es dem „Joker“ nicht besser. Nur sechsmal spielte er von Beginn an, elfmal wurde er eingewechselt – drei Tore gingen auf sein Konto, darunter jedoch ein sehr wichtiger: Im UEFA-Cup erzielte er gegen AEK das einzige Tor und sorgte somit für den Sieg der Salzburger. In der Rückrunde dieser Saison landete er auf Leihbasis beim FC Basel.

Mit dem Aufstieg der Schanzer in die 2. Bundesliga unter der Leitung von Torsten Fink führte es den mittlerweile 34-Jährigen nochmal in den deutschen Profifußball – Lokvenc wechselte ablösefrei zum FC Ingolstadt 04. „Ich freue mich auf die Herausforderung, will mich gut präsentieren und mit der Mannschaft schönen Fußball spielen", gab er zum Amtsantritt zu Protokoll. Auf vielversprechenden Beginn folgte ein harter Schicksalsschlag,  Lokvenc‘ Vater verstarb bei einem Autounfall. Das kostete den Neuzugang viel Kraft und warf ihn sportlich zurück, sodass er aufgrund des Trainingsrückstandes wochenlang seiner Form hinterherlief.

Schicksalsschlag erschwert den Einstieg bei den Schanzern

Doch "Loki" kehrte noch einmal zurück. Für die Ingolstädter erzielte der wuchtige Mittelstürmer sechs Tore in insgesamt 23 Partien. Trotz einer starken Hinrunde konnten Lokvenc, Andreas "Zecke" Neuendorf und Co. den Abstieg der Schanzer nicht vermeiden. Sein letztes von insgesamt sechs Saisontoren erzielte der Rechtsfuß Ende April 2009 beim dramatischen 3:4 gegen den FSV Mainz 05. So endete die Karriere des Tschechen-Bombers mit dem bitteren Gang seines letzten Clubs in die 3. Liga. "Mit dem FCI bin ich leider abgestiegen. Aus heutiger Sicht aber kann ich sagen: Ingolstadt spielt wieder zweite Bundesliga und hat Gott sei Dank ein neues Stadion, also war auch das eine gute Station für mich", berichtete Lokvenc einige Jahre später rückblickend, freilich noch lange vor dem Bundesliga-Aufstieg der Donaustädter im Sommer 2015.

Im Jahr 2010 ging er als Spielertrainer in Tschechiens vierthöchster Spielklasse. "Fußball ist ein Phänomen – Für mich wie für so viele andere Menschen auch", berichtete er kürzlich einer tschechischen Tageszeitung. Entsprechend blieb auch er dem Sport bis heute treu:  Für den FC Basel scoutet er in heimischen Gefilden nach Talenten für den Schweizer Erstligisten.