Jonas: „Ich will zurückgeben, was ich bekommen habe!“

Die Schanzer Geschäftstellen-Kickrunde

Jonas: „Ich will zurückgeben, was ich bekommen habe!“

14. November, 2015 15.00 Uhr

Fußball verbindet. Warum? Weil er einfach ist und überall auf der Welt gespielt wird. Jonas, Praktikant beim FC Ingolstadt 04, musste aus seiner Heimat Eritrea fliehen – vor Gewalt und Armut. Vor etwas mehr als einem Jahr floh der 17-Jährige zu Fuß, in einem LKW versteckt und schließlich mit dem Boot über das Mittelmeer. Doch Jonas spielt nicht nur gut Fußball und mischt die Schanzer Geschäftstellen-Kickrunde auf, sondern spricht auch bereits sehr gut Deutsch. Im Interview mit fci.de sprach Jonas über seine spektakuläre Flucht, während der er unter anderem in einem Gefängnis im Sudan saß und seine Erfahrungen in Deutschland. Viel Spaß!
fci.de: Hallo Jonas! Welche Erinnerungen hast du an Eritrea?

Jonas: In Eritrea habe ich gemeinsam mit meiner Familie in einem kleinen Haus gelebt und ihnen mit den Tieren geholfen. Bis ich 15 war, dann bin ich dort weg und nach Äthiopien geflohen. Bis zur achten Klasse bin ich dort zur Schule gegangen, dann ging das nicht mehr, weil wir arbeiten mussten, damit wir über die Runden kommen. Außerdem haben uns die Lehrer geschlagen. Das hatte für sie keine Konsequenzen. Ich hätte gerne weitergelernt.

fci.de: Kannst du uns deinen Fluchtweg nach Europa beschreiben?

Jonas: Zuerst bin ich drei Tage zu Fuß nach Äthiopien gelaufen. In Äthiopien bin ich dann einen Monat geblieben und auf einem LKW in den Sudan gekommen. Dort haben sie mich verhaftet und ich saß in einem Gefängnis. Sie haben mich wieder freigelassen, ich wollte unbedingt nach Libyen. Aber es ist so: Wenn sie dich erwischen, wie du das versuchst, dann kommst du lange ins Gefängnis. Da kommst du nur wieder raus, wenn du oder deine Familie 50 000 Dollar bezahlen. Ich bin in einem LKW versteckt über die Grenze gekommen – von Libyen aus sind wir dann mit einem Boot über das Mittelmeer nach Sizilien gefahren, wo es über Mailand nach Deutschland ging.

fci.de: Hast du Verwandte in Europa und war dein Ziel von Anfang an Deutschland?

Jonas: Als ich geflohen bin, hatte ich keine Verwandten in Europa. Aber jetzt ist mein Bruder in der Schweiz. Wir haben zum Glück Kontakt, so dass ich weiß, dass es ihm gut geht. Als ich mich zur Flucht entschieden habe, war es mir völlig egal, wohin ich es schaffe. Ich wollte nur irgendwo ein Leben ohne Elend haben. In Italien sind die Zustände der Flüchtlinge sehr schlecht, dort wäre das wahrscheinlich nicht möglich gewesen.

fci.de: Wusstest du vorher etwas über Deutschland?

Jonas: Nein. Natürlich kennt man den Namen „Deutschland“, aber wo das genau liegt oder wie es da ist, wussten wir nicht. Aber der Name steht dafür, dass es Menschen dort gut geht, wenn sie arbeiten und dass Deutschland den Flüchtlingen hilft. Im August 2014 bin ich mit 16 Jahren in Deutschland angekommen. Ich wohne mit einem anderen Landsmann zusammen, wir verstehen uns sehr gut. Wir haben sogar beide ein eigenes Bett!

fci.de: Was waren die ersten Erfahrungen, die du in Bayern gemacht hast?

Jonas: Am Anfang war es sehr schwer, weil ich die Leute nicht verstanden habe. Deshalb wollte ich so schnell wie möglich die Sprache lernen. Alle hier sind sehr nett zu mir und ich will das natürlich zurückgeben.

fci.de: Es gibt viele Menschen, die nicht wollen, dass weitere Flüchtlinge zu uns kommen. Hast du da schon schlechte Erfahrungen gemacht?

Jonas: Ehrlich gesagt überhaupt nicht, wofür ich sehr dankbar bin.

fci.de: Wie bist du zum FC Ingolstadt 04 gekommen? Hast du auch in Eritrea Fußball gespielt?

Jonas: Ja, in Eritrea habe ich viel Fußball gespielt. Weil es so einfach ist: Du brauchst einen Ball und ein paar Freunde. Wir haben nicht mal Plätze oder sonst was gehabt, aber oft gekickt. Jetzt bin ich auf der Berufsschule und versuche mein Deutsch immer weiter zu verbessern. Ich finde es toll, dass ich beim FCI das Ganze anwenden kann und mit den Leuten aus der Geschäftsstelle bei ihrem wöchentlichen Kick mitmachen darf. Ich habe auch schon Spieler kennengelernt, wie z.B. Danny da Costa, der selbst einen Flüchtlingshintergrund hat.

fci.de: Ehrlich gesagt sind wir sehr beeindruckt von deinen Deutschkenntnissen. Du verstehst alles, was man sagt und das nach nur einem Jahr. Außerdem sprichst du selbst relativ fehlerfrei. Hast du das alles in einem Jahr gelernt?

Jonas: Deutsch ist eine sehr schwere Sprache. Die Artikel usw. mache ich oft noch falsch. Aber ich versuche, schnell zu lernen, damit ich möglichst schnell alles verstehe, einen Ausbildungsplatz finden kann und arbeiten darf. Ich habe schon lange gearbeitet, bevor ich nach Deutschland gekommen bin. Es ist das wichtigste, dass man für sich selbst sorgen kann und etwas tut. Ich bin hier freundlich aufgenommen worden und deshalb will ich diese Chance nutzen. Wenn man sich anstrengt, schafft man alles.

fci.de: Was würdest du denn gerne irgendwann mal machen?

Jonas: Ich will einen Beruf haben. Was, ist mir ehrlich gesagt egal. In Eritrea habe ich meiner Familie geholfen und da gab es keine Zukunft, was die Planung natürlich schwer gemacht hat. Als ich nach Deutschland gekommen bin, habe ich Fußball bei ein paar Mannschaften hier in Ingolstadt gespielt und beim FCI habe ich viel Spaß. Aber man wird sehen, was die Zukunft bringt. Erstmal möchte ich eine bestmögliche Ausbildung schaffen und dann schauen, was ich machen kann.