Fünf Geschichten zum Spiel gegen Hansa Rostock

Wuchtig: FCI-Legende Moritz Hartmann im Sommer 2010 gegen Hansa Rostock (Foto: Bösl / KBUMM).

Fünf Geschichten zum Spiel gegen Hansa Rostock

21. Februar, 2020 12.00 Uhr

Von der deutschen Wiedervereinigung, einem Leuchtturm, spannungsgeladenen Relegationsspielen, ungewöhnlichen Gastgeschenken und unserem Coach Jeff Saibene handeln diesmal die fünf Geschichten zum Auswärtsspiel am kommenden Samstag im Rostocker Ostseestadion. Spannung ist vorprogrammiert bei dieser Begegnung und man darf gespannt sein, ob „unsere Jungs“ die Hansa-Kogge in „Schieflage“ bringen werden. Bisher sahen die Schwarz-Roten bei ihren Gastspielen bei Traditionsclub (siehe Braunschweig, Magdeburg oder Duisburg)  richtig gut aus. Aber Kapitän Stefan Kutschke und Co. wissen nur zu gut: Auch dieses Spiel muss von vorne gespielt werden…

Letzter „DDR“-Meister
Die letzte Saison der DDR-Oberliga 1990/91 galt im Zuge der Wiedervereinigung als Qualifikation zum gesamtdeutschen Ligasystem. Um die Hansa-Kogge in den sicheren Hafen „Erste Bundesliga“ zu manövrieren, verpflichtete Rostock den bis dahin nur in Westdeutschland aktiven Trainer Uwe Reinders und mit dem US-amerikanischen Nationalspieler Paul Caligiuri den ersten ausländischen Spieler in Diensten des FC Hansa. Gleichzeitig unterzeichneten die Ostseestädter den ersten Sponsorenvertrag mit einem namhaften Klebestoffhersteller. Dem entsprechend gerüstet gewann die Rostocker Mannschaft den letzten DDR-Meistertitel und qualifizierten sich neben Dynamo Dresden als zweites ostdeutsches Team für die Erste Liga.

Leuchtturm des Ostens
Nach nur einem Jahr Zugehörigkeit zur Beletage des gesamtdeutschen Fußballs stieg der FC Hansa Rostock nach der Spielzeit 1991/92 in die zweite Liga ab. Das Ziel sofortiger Wiederaufstieg wurde in den folgenden beiden Jahren verpasst. Für die Saison 1994/95 verpflichtete der Verein Frank Pagelsdorf als Trainer, der später mehrere Jahre beim Hamburger SV wirkte und einer von ganz wenigen Prominenten ist, die an der Torwand des Aktuellen Sportstudios fünfmal trafen. Während zu Pagelsdorfs Dienstantritt langjährige Leistungsträger wie Juri Schlünz ihre Karriere beendeten, kam unter anderem Stefan Beinlich vom englischen Verein Aston Villa nach Rostock. Obwohl die Mannschaft ohne Ambitionen in die Saison gestartet war, erreichte sie bereits am drittletzten Spieltag den sicheren Aufstieg und sicherte sich am Ende die Zweitligameisterschaft. Mit dem gleichzeitigen Abstieg Dynamo Dresdens aus der ersten Bundesliga wurde Hansa daraufhin als einziger Vertreter der ehemaligen DDR-Oberliga im deutschen Fußall-Oberhaus über mehrere Jahre zum „Leuchtturm des Ostens“.

Wiesinger, Wolfahrth, Gerber – FCI entscheidet nervenaufreibende Relegation für sich
Der sowohl für den FC Ingolstadt 04 als auch den FC Hansa Rostock wohl bedeutendste direkte Vergleich dauerte gleich einmal 180 Minuten. Im Mai 2010 trafen beide Vereine als Relegationsteilnehmer zum Aufstieg bzw. Verbleib in der Zweite Liga aufeinander. Beim ersten „Show-Down“ in der Tuja-Arena drückte Steffen Wohlfahrt nach Flanke von Moritz „Mo“ Hartmann das Leder aus kurzer Distanz mit der Brust über die Linie und sicherte der Elf des damaligen Trainers Michael Wiesinger den so wichtigen Auftaktsieg im taktisch geprägten Hinspiel.

Drei Tage später, am 17. Mai 2010, fand im Ostseestadion das mit Spannung erwartete Rückspiel statt. FCI-Coach Wiesinger nahm im Vergleich zum Hinspiel eine – entscheidende – Änderung vor. Fabian Gerber ersetzte Moise Bambara – ein Schachzug, der sich auszahlen sollte. Bereits nach acht Minuten erzielte der Offensivmann nach feinem Zuspiel von Kapitän Stefan Leitl den Führungstreffer. Hansa mühte sich, aber die Schanzer waren das gefährlichere Team. Wohlfarth, Hartmann und Leitl scheiterten bei Kontern jeweils knapp. Die Entscheidung fiel in der 78. Minute und war dann erneut Gerber vorbehalten. Nach Doppelpass mit Wohlfarth schoss er mit einem platzierten Schlenzer in die rechte Torecke den FC Ingolstadt 04 nach einem Jahr Abstinenz zurück in die Zweite Liga. Bei aller Freude wurde den Donaustädtern im Ostseestadion auch vor Augen geführt, wie schmerzhaft der Abschied aus Liga 2 sein kann. Und zehn Jahre später sollte man in Oberbayern bekanntermaßen die gleiche Erfahrung machen müssen.

Nicht ganz frischer Ostseefisch
Der FC Hansa Rostock erfreut sich nicht nur entlang der Ostseeküste einer sehr großen Anhängerschar. Dass dann einige Fans darunter sind, die mitunter auch mal über das Ziel hinausschießen – bzw. wie folgender Schilderung zu entnehmen, gar darüber hinauswerfen – sollte deshalb nicht sonderlich überraschend sein. Geschehen am 14. Oktober 2017 bei der Auswärtsbegegnung der Rostocker beim FC Carl Zeiss Jena.  Hansa gewann mit 1:0, an sich also ein aus sportlicher Perspektive erfolgreicher Spieltag für Hansa, aber nicht geschichtsbuchträchtig. Umso ungewöhnlicher waren die ‚Gastgeschenke‘, die verteilt wurden: Untermalt vom Gesang: „Wir haben Euch was mitgebracht: Fisch! Fisch! Fisch!“ warfen die Anhänger von der Küste dicke stinkende Fische in Richtung Jenaer Fanblock. Ekelig war´s aber nicht nur bei den Gegnern, auch im Hansa-Block müffelte die Tribüne wie ein alter Fischkutter …

Goldenes Händchen
Jeff Saibene, übrigens 63-facher Nationalspieler Luxemburgs, beweist als Trainer häufig ein „goldenes Händchen“. In der laufenden Saison wechselte der FCI-Coach insgesamt 71 mal ein bzw. aus. Sechs Tore und 13 Torbeteiligungen resultierten in den bisherigen 24 Ligaspielen aus diesen taktischen Aktivitäten. Damit belegt der 51-jährige in der „Jokertabelle“ der Dritten Liga zusammen mit Torsten Ziegner (Hallescher FC) und Christian Neidhart (SV Meppen) – ebenso wie aktuell sein Team – Rang zwei, knapp hinter Boris Schommer vom 1. FC Kaiserslautern. Maßgeblichen Beitrag zu dieser Wertung leistete im Übrigen Fatih Kaya, der drei Treffer und zwei Vorlagen beisteuerte.

Für das richtungsweisende Auswärtsspiel am kommenden Samstag im Rostocker Ostseestadion gibt Jeff Saibene die Marschroute „mutig, nicht naiv sein und kein unnötiges Risiko“ für seine Elf aus. Er schätzt am Gastgeber insbesondere dessen Heimstärke, das extrem hohe Anlaufen und das gute Gegenpressung. Zudem habe Hansa „schnelle Spieler“, die ständig für Unruhe sorgen können. Dennoch freut sich der FCI-Coach auf die Partie im Ostseestadion, da sein Team bei Gastspielen gegen Mannschaften mit großer Tradition und vielen Zuschauern bislang stets gut aussah. Sollte sich dann sein glückliches Händchen bei Einwechslungen erneut bestätigen, sollte einem „Dreier“ für die Schanzer doch nichts mehr im Wege stehen …

AUS AKTUELLEM ANLASS
Gemeinsam zeigen der FC Hansa Rostock und der FC Ingolstadt 04 nach den Beleidigungen gegen Würzburgs Kwadwo am vergangenen Spieltag Rassismus die „Rote Karte“. Im Rahmen einer ligaweiten Aktion gedenken Mannschaften und Fans außerdem gemeinsam in einer Schweigeminute den Opfern von Hanau und trauern auf diesem Weg mit den Angehörigen und Hinterbliebenen. Zudem laufen beide Teams in Trauerflor auf.