Blick hinter die Schanz: Teil 8 mit Maik Walpurgis, Ovid Hajou und Michael Henke
31. Dezember, 2016 15.30 Uhr
Maik Walpurgis: Der erste Eindruck ist hervorragend! Dankenswerterweise hat uns Michael ein paar Hot Spots gezeigt und die Altstadt, sowie die alten Festungsanlagen haben mich als Ostwestfale sehr beeindruckt. Zuvor hatten wir nämlich keine Gelegenheit, uns die Stadt anzuschauen.
Ovid Hajou: Ich fand es gerade an der Donau sehr schön. Die historischen Gebäude haben mir ebenso sehr gut gefallen. Hier lässt es sich auf jeden Fall aushalten (lacht).
fci.de: Gibt es ein paar Hotspots, die euch schon wärmstens empfohlen worden sind?
Walpurgis: Das werden wir in den nächsten Wochen angehen – jetzt steht die Arbeit mit der Mannschaft und unsere Aufgabe beim FC Ingolstadt 04 absolut im Fokus. Aber ich freue mich darauf, wenn es die Zeit zulässt, die schöne Gegend kennenzulernen oder auch bei den Eishockeyspielen des ERCI vorbeizuschauen.
Der Chefcoach umgeben von seinen Co-Trainern. Maik Walpurgis (Mitte) mit Ovid Hajou (li.) und Michael Henke
fci.de: Was wusstet ihr vorher über Ingolstadt und mit welchen Erwartungen seid ihr nach Bayern gezogen?
Hajou: Ich habe gehört, dass Ingolstadt eine der lebenswertesten Städte Deutschlands ist und man hier schöne Orte vorfindet, um spazieren zu gehen. Bisher weiß ich also ausschließlich Gutes.
Walpurgis: Ich kannte Ingolstadt bisher nur vom Fußball und war schon das ein oder andere Mal im Audi Sportpark, um mir Spiele der Schanzer anzuschauen. Privat war ich noch nie hier. Aber das ist das Schöne am Fußball: Man darf immer wieder neue Städte und neue Leute kennenlernen. Das ist schon etwas Besonderes. Zudem soll das Wetter hier besser sein, als in weiten Teilen Deutschlands. Darauf freue ich mich auch.
fci.de: Michael, was macht für dich Ingolstadt zu einer der lebenswertesten Städte Deutschlands?
Michael Henke: Wir leben in einer äußerst attraktiven Stadt. Von der Infrastruktur findet man alles, was man zum guten Leben braucht. Auf der anderen Seite ist die Stadt nicht zu groß und man hat keine Verkehrsprobleme. Dazu kommt, dass es eine sportbegeisterte Stadt ist. Sei es Fußball, Eishockey oder Football.
fci.de: Du bist schon seit Anfang 2013 Donaustädter. Wie würdest du die Ingolstädter charakterisieren?
Henke: Die Ingolstädter sind relativ ruhige Menschen. Ich würde sagen, dass es ein wenig dauert, bis sie Emotionen zeigen – aber wenn sie dann von einer Sache überzeugt sind, dann lassen sie sich auch dafür begeistern. Das haben wir beim Bundesliga-Aufstieg erlebt! Ich hätte nie gedacht, dass in Ingolstadt so viele Menschen auf die Straße gehen, um mit ihrem Verein zu feiern. Im ersten Bundesliga-Jahr war die Unterstützung auch grandios und in dieser Saison findet aus meiner Sicht gerade ein Umdenken statt. Die FCI-Fans honorieren, dass das Team aufopferungsvoll um den Klassenverbleib kämpft und wollen der Mannschaft den Rücken stärken. Das sind spürbare positive Anzeichen.
Michael Henke zeigte den Neu-Ingolstädtern die schönen Seiten der Donaustadt.
fci.de: Maik, Du und Michael, ihr stammt beide aus Ostwestfalen. Kanntet ihr euch vorher schon und wirst du dir bei deinem Trainer-Kollegen Tipps holen, wie man in Bayern als „Preiß“ möglichst schnell zurechtkommt?
Walpurgis: Wir sind da im intensiven Austausch (lacht). Ich habe die Karriere von Michael von Beginn an verfolgt, als er an der Seite von Ottmar Hitzfeld riesige Erfolge gefeiert hat. Natürlich tauschen wir uns permanent vor allem über Fußball aus und wir sehen uns hier auch beim FCI als Team und wollen das auch leben. Wir arbeiten zwar noch nicht lange zusammen, aber ich kann jetzt schon sagen, dass die Chemie zwischen uns Ostwestfalen sehr gut ist.
fci.de: Ovid, Du hast deine Wurzeln in Syrien, bist aber in Gelsenkirchen geboren und hast den Großteil deines Lebens in Münster verbracht. Was hat deine Familie gesagt, als sie erfahren hat, dass du in den Süden Deutschlands ziehst?
Hajou: Sie haben sich in erster Linie tierisch für mich gefreut, dass ich mein großes Ziel, in der Bundesliga zu arbeiten, erreichen konnte. Neben dem großen lachenden Auge, da sie sich darauf freuen, die Spiele zu verfolgen, gab es auch das weinende Auge, dass wir uns jetzt nicht mehr so häufig sehen können. Aber sie freuen sich, dass ich die Chance bekommen habe, bei so einem tollen Verein arbeiten zu dürfen.
fci.de: Wie habt ihr euch vor acht Jahren kennengelernt, Maik und Ovid? Was schätzt ihr aneinander?
Hajou: Wir haben uns bei Sportfreunde Lotte kennengelernt. Dort habe ich im Jahre 2006 erst als Spieler begonnen, bevor ich 2007 als Co-Trainer angefangen habe. Maik kam 2008 dazu und ich habe das Glück gehabt, dass wir uns gut verstanden haben und er mir eine Chance gegeben hat. Es hat zwischen uns gut gepasst und seitdem arbeiten wir im Team zusammen.
Walpurgis: Wir haben uns damals in einer ähnlich schwierigen Situation kennengelernt – aber natürlich auf einem anderen Niveau. Der Verein stand in der Regionalliga auf dem letzten Tabellenplatz und kämpfte ums Überleben. Das war ein sehr intensives Jahr, in dem wir nicht nur den Klassenerhalt feiern konnten, sondern sogar den Sprung ins Mittelfeld geschafft haben. In der Folge haben wir uns Schritt für Schritt mit dem Verein weiterentwickelt. Wir haben gemeinsam viele Trainingseinheiten angeschaut und an Details gearbeitet, um herauszufinden, was wir für unser Spielkonzept und um die Mannschaft optimal vorzubereiten, benötigen. Die Begeisterung zum Fußball verbindet uns. Das habe ich auch hier in Ingolstadt gespürt – nicht nur im Trainerteam, sondern im gesamten Staff, der medizinischen Abteilung aber auch im gesamten Club.
fci.de: Abseits des Platzes müsst ihr jetzt viel organisieren. Zieht ihr allein nach Ingolstadt oder begleitet euch eure Familie?
Walpurgis: Es ist geplant, dass meine Lebensgefährtin mit nach Ingolstadt zieht. Das wird in den nächsten Wochen konkretisiert. Der Fokus liegt gerade aber darauf, dass wir beim FCI richtig ankommen, alle kennenlernen, um uns auf die wichtigen Spiele vorzubereiten.
Hajou: Zunächst ziehe ich alleine nach Ingolstadt, da meine Verlobte in Köln beruflich eingebunden ist. Langfristig soll sie aber zu mir nach Ingolstadt ziehen. Aktuell bin ich auf Wohnungssuche und optimistisch, dass ich etwas Passendes finde.
Den Blick nach vorne gerichtet: Trainer Maik Walpurgis, Michael Henke und Ovid Hajou.
fci.de: Warum habt ihr die Trainerkarriere eingeschlagen? Was wolltet ihr erreichen?
Henke: Ich wollte immer etwas mit Sport machen und habe deshalb auch Sport studiert. Am Anfang hatte ich gar nicht so sehr den Trainerjob im Auge, sondern wollte eigentlich Sportlehrer werden und dazu parallel nebenbei als Trainer agieren. Dann hat sich in Dortmund nach meiner eigenen aktiven Laufbahn die Möglichkeit ergeben, noch relativ jung als Co-Trainer einzusteigen.
Walpurgis: Ich musste aufgrund von ständigen Verletzungen leider schon sehr früh mit dem Fußball aufhören. Meine Begeisterung für die Sportart war aber riesig, sodass ich mir viele Spiele unserer Herrenmannschaft angeschaut habe. Daraufhin wurde ich angesprochen, ob ich bei meinem Heimatverein SC Herford Trainer werden möchte. Dort bin ich mit 18 Jahren als Trainer eingestiegen – mit ein paar Jungs, zerfetzten Leibchen und kaputten Bällen. Es hat unheimlich viel Spaß gemacht, die Spieler dabei zu beobachten, wie sie durch regelmäßiges Training besser wurden. Das ist im Grunde heute wie früher eine der Hauptmotivationen. Dazu arbeite ich sehr gerne mit Menschen, um sie dabei zu unterstützen, ihre Ziele zu erreichen. Das ist mein Antrieb.
Hajou: Ich habe nicht geplant, Trainer zu werden. Nachdem ich meine aktive Karriere frühzeitig beenden musste, bin ich in die Aufgabe reingerutscht. Nebenbei habe ich mein Abitur nachgeholt und wollte eine Ausbildung beginnen. Durch die Erfolge bei Lotte hat es sich zum Glück so entwickelt, dass ich die Trainertätigkeit irgendwann hauptberuflich machen konnte. Das ist für mich der schönste Beruf der Welt – den ganzen Tag auf dem Platz stehen, mit den Jungs Spaß haben und hoffentlich viele Siege feiern.
fci.de: Was hat euch dazu bewogen, die Schanzer in dieser schwierigen Phase der Saison zu übernehmen und wie kam die Zusammenarbeit in dieser Konstellation zustande?
Walpurgis: Wir haben mit der ersten Kontaktaufnahme schnell gemerkt, dass wir von der Art, Fußball zu denken, sehr ähnlich ticken. In der aktuellen Situation mit dieser großen Aufgabe ist das natürlich wichtig. Ich habe gespürt, dass es mit der sportlichen Leitung passt und – obwohl wir uns nicht kannten – in den entscheidenden Bereichen deckungsgleich waren. Es war eine schnelle Entscheidung aber auch ein Entschluss, den wir mit voller Überzeugung getroffen haben.
Hajou: Als ich gehört habe, dass es die Möglichkeit gibt, mit Michael Henke zusammenzuarbeiten, habe ich mich sehr gefreut. Das ist eine Riesen-Sache für mich als junger Trainer, von ihm und seiner Erfahrung zu lernen. Das macht großen Spaß jeden Tag zusammen zu verbringen, Trainingseinheiten zu planen und diese auf den Platz zu bringen. Das ist für uns Gold wert, solch einen erfahrenen Mann an unserer Seite zu haben.
"Gerade im Sommer ist der Donaustrand ein Highlight", weiß Michael Henke zu berichten.
fci.de: Beim FC Ingolstadt 04 stehen wir vor der Herausforderung, Historisches in der Bundesliga schaffen zu können: Mit zwei Punkten aus zehn Spielen am Ende die Liga zu halten. Wie geht ihr diese Aufgabe an?
Walpurgis: Es geht darum, dass wir insgesamt ein gutes Team werden und auch als solches auftreten. Wir müssen alle persönlichen Dinge hinten anstellen und den Fokus auf dieses großartige Ziel legen. Davor darf man auch keine Angst haben, sondern es geht darum etwas Großartiges zu bewegen. Das ist unsere Motivation, mit der wir uns permanent beschäftigen. Wir wollen dazu der Mannschaft die Vorfreude auf Siege zurückgeben und diese Bestätigung wird das Team für gute Arbeit auch bekommen! Dazu müssen wir im Training konzentriert arbeiten und es auf dem Platz zeigen.
Henke: Es geht vor allem um Überzeugung. Ich habe die ersten Spieltage ja von außen beobachtet und trotz der unbefriedigenden Punktausbeute, habe ich immer gedacht, dass es zu schaffen ist, zwei oder drei Mannschaften hinter sich zu lassen. Alle Beteiligten müssen aber davon überzeugt sein, diese Chance zu nutzen. Das geht natürlich nur mit viel akribischer Arbeit mit dem Team, die das auf den Platz bringen muss. Das ist unheimlich reizvoll. Warum sollen wir das nicht packen und Geschichte schreiben? Da dürfen wir uns im Denken keine Grenzen setzen, auch wenn uns 99% Prozent der Liga schon abgeschrieben haben.fci.de: Wie sieht die Aufgabenverteilung bei euch im Trainerteam aus?Walpurgis: Es gibt viele Aufgaben, die wir im Team umsetzen. Diese stimmen wir unter uns vor jedem Training ab. Wir analysieren nach jedem Training, was gut oder weniger gut gelaufen ist und wo wir uns verbessern wollen. Durch die Unterstützung können wir zu Dritt den Spielern das Feedback geben, um sich zu verbessern. Alle packen mit an, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Egal ob Trainerteam, Staff, medizinische Abteilung oder Scouting. Das ist schön zu sehen.
fci.de: Wenn wir einen Blick hinter eure Schanz wagen dürfen – wie kann man sich eine typische Woche im Trainerstab der Schanzer vorstellen?
Walpurgis: Zu Wochenbeginn treffen wir uns morgens, um die Trainingseinheiten zu besprechen. Nach den Einheiten findet auch einmal in der Woche ein gemeinsames Mittagessen mit allen Mitarbeitern der Geschäftsstelle statt. Das halte ich auch für wichtig und eine schöne Gelegenheit, um Gespräche zu führen und zusammenzukommen. Zwischen Trainingsvor- und –nachbereitung finden Analysen, Einzelgespräche mit den Spielern bis hin zur Gegner-Analyse statt. Dort sitzen wir auch bis spät abends zusammen, um über die Einstellung unseres Teams und den kommenden Gegner zu diskutieren. So wollen wir das Team bestmöglich auf die nächste Aufgabe vorbereiten.
fci.de: Bei eurem ersten Heimspiel als Trainerteam erwarten wir den VfL Wolfsburg im Audi Sportpark. Was erwartet ihr für ein Spiel und worauf wird es bei der Partie ankommen, um die drei Punkte an der Donau zu behalten?
Walpurgis: Es wird wichtig sein, dass wir den Audi Sportpark gemeinsam mit den Fans wieder zu einer Festung machen. Mit dem lautstarken Support von der Tribüne, auch in schwierigen Phasen – denn das zeichnet Heimspiele aus – werden wir als Mannschaft gut organisiert und mutig auftreten. Wir wollen Erfolgserlebnisse und da bedeutet das Spiel zu Hause eine große Chance.
Henke: Wenn man auf die vergangenen Heimspiele zurückblickt, war die Mannschaft oft nah dran, Punkte zu holen. Aufgrund dieser Leistungen kann man selbstbewusst an das Spiel gegen Wolfsburg herangehen. Mit dem Bewusstsein, die Fehler, die zu Gegentoren geführt haben, abzustellen, kann man jedem Gegner in der Bundesliga Schwierigkeiten bereiten.
Hajou: Da gibt es nicht viel hinzuzufügen. Wir müssen gallig und voller Selbstvertrauen agieren und dazu mit Spaß an die Sache herangehen. Dann ist vieles möglich.
fci.de: Vielen Dank für das ausführliche Gespräch!