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15. Juni, 2018 15.00 Uhr
fci.de: Die Fußball-Weltmeisterschaft 2018 hat begonnen, daher zunächst die Frage: Wie groß ist die Freude auf das Turnier in Russland und was ist für die DFB-Mannschaft drin?
Dr. Frank Dreves: „In Sachen WM gibt es in diesem Jahr für mich zwei interessante Aspekte: Erstens, wie kommt die WM in Russland an? Zweitens, aus sportlicher Sicht: Auf eine schlechte Ergebnis-Situation im Vorfeld folgt ja in der Regel ein gutes Turnier. In diesem Sinne hoffe ich, dass unsere Nationalmannschaft das Optimum herausholt. Alles ist möglich.“
Peter Jackwerth: „Natürlich werde ich die WM verfolgen und hoffe, dass wir mit der Nationalmannschaft soweit wie möglich kommen – bestenfalls sogar Weltmeister werden. Ich halte das für absolut möglich, denn für mich haben wir die beste Mannschaft im Turnier. Russland an sich ist sicherlich nicht uninteressant, lockt mich aufgrund seiner Atmosphäre aber nicht als Gastgeber einer WM. Darum verfolge ich das Turnier nur aus der Ferne.“
fci.de: Wie sehen Sie die Diskussion um das Foto von Mesut Özil und Ilkay Gündogan mit dem türkischen Präsidenten Recep Erdogan?
Dreves: „Ich glaube, zu dem Thema ist schon mehr als genug gesagt worden –darum halte ich es relativ knapp: Wir haben Gott sei Dank das hohe Gut der Meinungsfreiheit. Sie steht über allem und das sollten wir auch so beibehalten. Ein wenig mehr Fingerspitzengefühl von allen Seiten würde in der ganzen Debatte helfen.“
Jackwerth: „Auch ich halte das alles für ein Stück überzogen, obwohl es nicht in Ordnung ist, dass Recep Erdogan die Spieler für seinen Wahlkampf instrumentalisiert. Unabhängig von dem konkreten Fall sehe ich folgende Thematik: Wir haben längst die doppelte Staatsbürgerschaft, also sollten wir in der Gesellschaft auch akzeptieren, dass sich Menschen für ihre zweite Heimat oder ihre Wurzeln interessieren und engagieren.“
fci.de: Rund 120.000 DM hat ein Weltmeister 1990 für den Titelgewinn in Italien eingestrichen – eine Menge Geld für die damalige Zeit. Noch ganz andere Summen kursieren heute. Noch drastischer fällt das bei Transfers in den Top-Ligen aus. Wie erleben Sie die finanzielle Entwicklung im Fußball?
Dreves: „Ich bin ja nun schon einige Jahre dabei – schaut man nach England, was dort in der Premier League oder auch in der zweiten Liga an Ablösen und Gehältern bezahlt wird, ist das schon bedenklich. Es findet eine gewisse Verzerrung statt. Damit umzugehen, wird sicher schwieriger für die kleineren Vereine wie den FCI. Meinem Empfinden nach entwickelt sich zunehmend eine Mehr-Klassen-Gesellschaft. Dabei reden wir aber gar nicht erst von bis zu dreistelligen Millionen-Ablösen – das hat mit der Realität für mich nichts mehr zu tun. Die Entwicklung wird jedenfalls ermöglicht durch die Fernsehgelder und Sponsoren. Gespannt sein darf man darauf, wie Zuschauer und Fans damit umgehen.
Jackwerth: „Transfersummen wie bei einem Neymar oder auch die 70, 80 Millionen-Transfers in jüngerer Zeit für Spieler, die noch gar nicht allzu lange auf der Bildfläche sind, empfinde ich auch als Wahnsinn. Nur, wundern brauchen wir uns über die Entwicklung nicht, wenn man sieht, welche Gelder im Spitzensport generell bewegt werden, beispielsweise im Golf oder im American Football. Dazu kommen die stetig steigenden Fernsehgelder. Preissteigerungen betreffen aber alle Bereiche des Lebens, nehmen wir nur einmal die Mietpreise, die sich in den 30 Jahren ja auch unglaublich vervielfacht haben. Das Finanzielle ist also das eine, aber was es mit sich bringt und dem Fußball aus meiner Sicht zusetzt, ist das andere: Es kassieren zu viele mit, Spielerwechsel werden beispielsweise forciert, weil ein Agent ein großes Geschäft wittert. Darunter leidet die Vereinstreue, der Fußball wird kurzlebiger und unpersönlicher, und das schlägt draußen bei den Leuten mächtig auf die Stimmung. Dass jemand für den Verein wirklich lebt, wie es früher ein Gerd Müller gemacht hat, das gibt es immer seltener. Auch wir haben dahingehend ja unschöne Erfahrungen machen müssen.“
Seit über zehn Jahren ein starkes Duo: Dr. Frank Dreves und Peter Jackwerth, hier im Jahr 2014 (Foto: Bösl KBUMM).
fci.de: All das wirkt sich auch auf unseren FCI aus – wo ordnen wir uns hier ein?
Jackwerth: „Wir haben jetzt ein Gefüge zusammen, das so nicht oft zu finden ist. Nehmen wir Aufsichtsrat oder Vorstand, die Geschäftsführung mit Harald Gärtner und Franz Spitzauer, aber auch unseren Chef-Trainer Stefan Leitl oder den U21-Coach Ersin Demir – an entscheidenden Positionen, aber auch innerhalb des gesamten Vereins und in den verschiedenen Abteilungen haben wir sehr viele Mitarbeiter, die schon lange hier tätig sind und den Stallgeruch mit sich tragen, den Verein leben. Wir sind eine große Familie und wollen diesen Familiengedanken nach außen tragen, statt wie ein Wirtschaftsunternehmen aufzutreten. Das ist unser FCI. Und aus dem wollen wir das maximale Potenzial herausholen.“
fci.de: Einfach ist der Markt bekanntermaßen nicht: In Bayern tummelt sich der Spitzenfußball…
Dreves: „Das stimmt. Wir leben hier in einer nicht ganz einfachen Region. Trotzdem werden wir weiter hart arbeiten, um mit unseren Mitteln und unserer ausgezeichneten Teamfähigkeit im Profifußball zu bestehen. Meiner Meinung nach geben alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – von der Geschäftsführung angefangen – immer alles. Leider wird das, wie ich finde, nicht ausreichend gewürdigt.“
fci.de: Entsprechend wurden bereits einige Umstrukturierungen innerhalb der Profi-Mannschaft vorgenommen. Wie sieht ihr erster Eindruck aus?
Jackwerth: „Die Jungs müssen sich durchbeißen. Wir wissen, was sie draufhaben, wir wissen auch aus dem letzten Jahr, was die bereits vorhandenen Spieler leisten können. Ich glaube, der Wettbewerbsgedanke ist nun wieder mehr gegeben, und es wird interessant zu sehen, wie dieser intern angenommen wird. Entscheidend ist für mich auch, dass Sportdirektor Angelo Vier und Trainer Stefan Leitl nun erstmals auch die Gelegenheit hatten, bei einer Sommervorbereitung inklusive der Gestaltung der Mannschaft mitwirken zu können. Im Vorjahr, das sei nochmal erwähnt, hat Harald Gärtner in Doppelfunktion einen Riesenjob gemacht.“
Dreves: „Die Vorzeichen machen schon jetzt Lust auf das erste Spiel. Ich bin mir sicher, dass Trainer Stefan Leitl und das gesamte Team um die Mannschaft dafür sorgen, dass wir wieder die Attribute auf dem Platz sehen, die uns in der Vergangenheit ausgezeichnet haben.“
fci.de: Welche Hausaufgaben haben Sie sich für die Zukunft notiert?
Dreves: „In Anbetracht unseres Potenzials bin ich der Meinung: Wir sind gut aufgestellt und wirtschaftlich gesund. Leider entgeht der Öffentlichkeit noch zu häufig, welche Leistungen in den verschiedenen Bereichen erbracht werden. Sich stetig zu verbessern und dafür meistens eine Schippe mehr drauflegen zu müssen als die Konkurrenz, das verdient Anerkennung und Respekt. Unsere Geschäftsführung sucht ständig nach starken Partnerschaften und weiteren Sponsoren. Dabei sind wir mittlerweile national und international unterwegs und haben schon in vielen Ländern einen sehr guten Namen. Man kennt uns, wir haben uns einen guten Ruf erarbeitet. Ich finde, den haben sich die Menschen, die in diesem Verein arbeiten – und das sind ja mittlerweile einige mehr als in den Anfangsjahren – auch verdient. Da es uns doch allen, Fans wie Spielern und Mitarbeitern, am meisten Spaß macht, in einem vollen Stadion zu spielen, wünsche ich mir diesen Zuspruch auch noch verstärkt in unserer Heimat.“
Jackwerth: „Das stimmt. Die Bindung, die große Clubs zu ihren Fans haben – davon können wir noch lernen. Entsprechend wollen wir die eigene Heimat, die wir jetzt schon einige Jahre haben, weiter ausbauen, um auf Sicht alle unsere Nachwuchs- und Frauenmannschaften auf der Anlage haben. Das wollen wir hinkriegen, denn eine Botschaft ist uns ganz wichtig: Nicht nur die 1. Mannschaft repräsentiert unseren FCI, wir haben gerade im NLZ große Erfolge zu verbuchen und auch die Mädels sorgen seit Jahren für Furore in unseren Vereinsfarben. Alles in Allem ist der Club finanziell durch die gute Arbeit der letzten Jahre gesund. Aus dieser sicheren, wirtschaftlichen Situation heraus können wir uns kontinuierlich weiterentwickeln.“
fci.de: Im Februar 2019 feiert unser FCI den 15. Geburtstag – was wünschen Sie sich für das Jubiläumsjahr?
Jackwerth: „Ich wünsche mir, dass die Mannschaft sich schnell findet und zusammenwächst, dass sie die Menschen mitreißt. Was dann sportlich dabei rauskommt, wird man sehen. Wir haben mit dem HSV und Köln zwei Größen in der Liga dabei, auf die wir uns freuen. Wir für uns schauen von Spiel zu Spiel – und von Saison zu Saison. Dass wir uns dabei in der neuen Spielzeit speziell daheim besser präsentieren müssen als in der letzten, ist auch klar.“
Dreves: „Ich schließe mich an und ergänze: Der Teamgeist kann Berge versetzen. Teamgeist, das betrifft in unseren Augen das Miteinander auf und neben dem Platz, die Synergien zwischen Fans, Spielern und Mitarbeitern. Was so ein Zusammenhalt bewirken kann, haben wir schon des Öfteren gezeigt. Ohne irgendeine Platzierung im Kopf zu haben, bin ich sehr positiv gestimmt!“
fci.de: Vielen Dank für das Gespräch!