„Wollen Schanzer Meisterstück wiederholen“
19. Mai, 2016 16.00 Uhr
Thomas Linke: Was die Mannschaft in der vergangenen Saison geleistet hat, ist nicht hoch genug einzuschätzen. Wir sind als absoluter Außenseiter gestartet und hatten zu keinem Zeitpunkt etwas mit dem Abstieg zu tun. Das ist sensationell, sollte entsprechend bewertet werden und wir sind sehr stolz darauf. Auf der anderen Seite richtet sich unser Blick aber schon seit einiger Zeit auf die kommenden Aufgaben. Denn wir wollen, wenn möglich, dieses Schanzer Meisterstück noch einmal wiederholen.
fci.de: Im Rückblick betrachtet: Der von Ralph Hasenhüttl und RB Leipzig stark forcierte Transfer hat eure ursprünglichen Pläne sicherlich verändert, oder?
Linke: Wir haben immer betont, wie wichtig Ralph Hasenhüttl und die mit dem Team einstudierten Automatismen auf und neben dem Platz für unseren Erfolg sind. Deshalb hatten wir unsere Wertschätzung auch in einem neuen Vertragsangebot für den Trainer dokumentiert. Jedoch wurde in der Folge klar, dass Ralph sogar seinen bis 2017 laufenden Vertrag nicht erfüllen und mit aller Macht nach Leipzig gehen wollte. Somit waren wir ab einem gewissen Punkt zum Handeln gezwungen.
fci.de: Welche Auswirkungen hat solch eine Veränderung innerhalb des Vereins?
Linke: Man kann das ganz anschaulich darstellen: Durch den Abgang eines Cheftrainers erfolgt immer eine Kettenreaktion. Auch manche Spieler suchen dann vielleicht eine Veränderung. Andere erhoffen sich durch den neuen Trainer eine neue Chance. Manchen Wandel begreifen wir als Chance und erhoffen uns dadurch neue, wichtige Impulse. Mit anderen müssen wir leben, weil wir als „kleiner“ FCI eben wirtschaftlich nicht mit anderen Bundesligisten mithalten können.
fci.de: Welche Chancen siehst du hier konkret?
Linke: Über allem steht natürlich der sportliche Erfolg und dass wir unsere Ziele erreichen. Wir wollen auch in der kommenden Saison wieder den Klassenerhalt feiern. Mit dem verantwortlichen Trainer muss die sportliche Ausrichtung des Klubs, die Vorbereitung der neuen Saison mit allen Facetten wie Transfers, Trainingslager, usw. schnellstmöglich abgestimmt werden, daran arbeiten wir derzeit mit Hochdruck. Auch für das Team ist es immer wichtig zu wissen, mit welchem Trainer man in der neuen Saison arbeitet. Deshalb sind wir sehr glücklich, dass wir mit Markus Kauczinski sehr schnell unseren neuen Cheftrainer vorstellen konnten und so erst gar kein Vakuum entstanden ist. Wir sind zu 100 Prozent von ihm überzeugt und freuen uns auf die Zusammenarbeit, die frischen Wind in den Klub bringen wird.
fci.de: Nach den feststehenden Abgängen von Danny da Costa, Danilo Soares und Konstantin Engel sind in den letzten Tagen auch Meldungen in den Medien zu lesen gewesen, dass weitere Spieler den Verein verlassen wollen. Was kannst du besorgten Fans entgegnen, die befürchten, dass das Team geschwächt wird?
Linke: Ich kann natürlich die Gedanken der Fans nachvollziehen, kann aber entgegnen, dass wir uns dieser Herausforderung, die das Geschäft mit sich bringt, mit großer Hingabe und Verantwortungsbewusstsein stellen werden. Grundsätzlich werden wir wie auch in der Vergangenheit aber zu aufkommenden Gerüchten keine Stellung beziehen, sondern erst dann etwas kommunizieren, wenn Fakten geschaffen wurden. An dieser Stelle möchte ich mich bei unseren Anhängern für das entgegen gebrachte Vertrauen bedanken.
fci.de: Welchen konkreten Herausforderungen muss man sich als Sportdirektor des FC Ingolstadt 04 stellen?
Linke: Wir alle wissen, woher wir kommen und welche Rahmenbedingungen wir in Ingolstadt vorfinden. Realistisch betrachtet, können wir unseren Spielern keine Gehälter wie an anderen Bundesliga-Standorten anbieten, sondern müssen sie mit anderen Werten davon überzeugen, unseren Weg mit uns zu gehen. Wir sind aber weit davon entfernt, über diese Situation zu jammern, sondern nehmen diese Gegebenheiten an und gehen selbstbewusst an die Aufgaben. Mit unserer erstklassigen Infrastruktur, unserer modernen sportlichen Ausrichtung oder der hohen Lebensqualität in Bayern, haben wir gute Argumente, um auch in der neuen Saison wieder eine schlagkräftige Mannschaft an den Start schicken zu können.
fci.de: Warum gibt es bei Vertragsgestaltungen eigentlich Vertragsklauseln, die einem Spieler den Wechsel zu einer festgeschriebenen Ablösesumme schon vor Vertragsende ermöglichen?
Linke: Natürlich ist es einem Spieler primär wichtig, wie die sportliche Perspektive bei seinem Klub aussieht. Aber nüchtern betrachtet geht es im Profifußball darüber hinaus um viel Geld. Ich bin davon überzeugt, dass unsere Fans einschätzen können, dass der FCI hier wirtschaftlich keine verrückten Sachen machen kann. In Einzelfällen mussten wir in der Vergangenheit deshalb zu solchen Mitteln greifen, um gewisse Spieler kurzfristig an den Verein zu binden oder überhaupt nach Ingolstadt holen zu können.
fci.de: Wie sieht euer Zeitplan aus? Wann soll der Kader für das zweite Schanzer Bundesligajahr stehen?
Linke: Die Spieler, die wir zu uns holen, sollen auf allen Ebenen zu uns passen. Außerdem wird der Transfermarkt in dieser Saison durch die Europameisterschaft und den vergleichsweise späten Start der Bundesliga, lange in Bewegung bleiben. Wir werden hier keine Wasserstandsmeldungen abgeben, sondern mit der gebotenen Ruhe, Sorgfalt und Besonnenheit agieren. Die vergangenen beiden Spielzeiten haben bewiesen, dass wir mit diesen Tugenden den richtigen Weg eingeschlagen haben!
fci.de: Vielen Dank für das ausführliche Gespräch, Thomas.