Doppelinterview mit der "Doppel-Spitze" des Schanzer Nachwuchsleistungszentrums: Ronnie Becht und Roland Reichel sprechen im ausführlichen Interview über die Strukturen, die Entwicklung und die Ziele des NLZ‘s. Die Entstehung der Abteilung und viele weitere interessante Einblicke in die Arbeit, die dort geleistet wird, sind ebenfalls Thema.
fci.de: Ihr bildet eine Doppelspitze als Leiter des NLZ. Wer ist für welche Bereiche zuständig und wie läuft die Arbeit zusammen ab?
Roland Reichel:
Meine Zuständigkeit bezieht sich vor allem auf sportliche Aspekte und die Ausführung unseres Ausbildungskonzepts in engem Kontakt mit Trainern und Spielern. Unsere Jungs sollen sich kontinuierlich verbessern.
Ronnie Becht:
Ich bin als Leiter des NLZ vor allem für die Gesamtstruktur und organisatorische Entscheidungen verantwortlich. In allen Bereichen sollen bestmögliche Bedingungen herrschen – darin besteht meine Hauptaufgabe. Wichtig ist, dass wir beide sehr eng zusammenarbeiten und nahezu jede Entscheidung in allen Bereichen diskutieren und absprechen. Unsere Zuständigkeiten lassen sich auch nicht strikt trennen
fci.de: Wie ist das NLZ des FC Ingolstadt 04 grob aufgebaut und wie gestalten sich die Strukturen?
Becht:
Unser NLZ ist letztlich, was die Anzahl der Mitarbeiter betrifft, die größte Abteilung in diesem Verein. In einem NLZ sind alle Teams von der U 10 bis zur U 23 untergebracht, wobei auch Trainer und Funktionsteam hinzuzuzählen sind.
fci.de: Wie viele Mitarbeiter sind konkret im NLZ tätig?
Becht: Momentan sind wir 14 hauptamtliche Mitarbeiter sowie etwa 25 nebenamtliche Angestellte. Dazu gehören vor allem einige junge Trainer, die noch studieren oder Personen, die hauptsächlich einen anderen Beruf ausführen.
fci.de: Was waren die bisherigen Meilensteine in der Entwicklung des Schanzer NLZ?
Reichel: Ronnie ist schon wesentlich länger hier als ich und hat die Strukturen mitaufgebaut, weshalb er mehr dazu sagen kann. Ich bin erst seit 2013 ein Schanzer und kann daher lediglich von dem Meilenstein der DFL-Zertifizierung sprechen, die mit Beginn meiner Tätigkeit absolute Priorität hatte. Nach etwa einem Jahr haben wir dann mit drei Sternen die „Bestnote“ erhalten. Auch den Aufstieg unserer A-Junioren in der vergangenen Spielzeit würde ich als Highlight bezeichnen.
Becht: Ich bin im Zuge der Professionalisierung des Vereins nach Ingolstadt gekommen und hier seit 2007 tätig. Was sich in den vergangenen Jahren getan hat, ist wirklich beeindruckend. Meilensteine sind für mich, neben sportlichen Erfolgen, vor allem auch Fortschritte bezüglich Infrastruktur, Bedingungen und Personal. 2007 war ich der einzige Hauptamtliche in diesem Bereich und wir hatten eine normale Jugendarbeit, wie sie auch die umliegenden kleineren Vereine führten. Ein wichtiger Schritt war auch der Aufstieg unserer U 23 in die Regionalliga Süd, der mit der ersten Zertifizierung einherging, wodurch wir den ersten Stern erhielten – für die damaligen Voraussetzungen war das sensationell. Im Zuge dessen wurde die U 23 vollständig in das NLZ integriert, nachdem sie zuvor eher ‚schwebend‘ zwischen Profis und der Jugend lag. Die Regionalliga ist deshalb so wichtig, weil sie das beste Sprungbrett für junge Spieler ist und man sich dort unter ordentlichen Umständen entwickeln und empfehlen kann. 2011 waren wir dann zu viert, mit zwei hauptamtlichen Trainern für U 23 und U 19 sowie einem Physiotherapeuten, natürlich stets unterstützt durch zahlreiche Helfer und Nebenamtliche. Der U 17-Aufstieg in die Bundesliga war ebenfalls ein toller Erfolg, da wir sehen konnten, was in einer Junioren-Bundesliga auf uns zukommt. Personell sind wir letztlich von einem auf vier, auf acht, auf elf, bis auf 14 Mitarbeiter gewachsen. Bezüglich der Infrastruktur ist dann unbedingt noch unser Jugendhaus zu sowie der NLZ-Bereich im neuen Funktionsgebäude zu nennen. Solche Voraussetzungen sind traumhaft und heben uns diesbezüglich auch von vielen anderen Zentren in Deutschland ab. In unser NLZ wird viel investiert, was mich sehr stolz macht und zeigt, dass hier eine stetige Weiterentwicklung unterstützt wird.
fci.de: Wie viele junge Schanzer Fußballer sind Teil des NLZ?
Reichel: Wir zählen in etwa 170 Spieler. Dabei ist zu beachten, dass stets eine gewisse Fluktuation herrscht, also Spieler geholt oder abgegeben werden.
fci.de: Wie definiert sich das Schanzer NLZ? Was ist die Hauptaufgabe?
Becht: Wir wollen hier in Deutschland ein Nachwuchsleistungszentrum aufbauen und etablieren, dass irgendwann den Ruf hat, Spieler bestmöglich auszubilden. Natürlich schreiben sich das nahezu alle Vereine auf die Fahnen, doch hier wird gerade von der Spitze des Klubs sehr viel Wert auf eine positive Entwicklung in diesem Bereich gelegt. Der rege Austausch hilft uns sehr und zeigt, dass das NLZ nicht nur ein kleines Nebenprojekt, sondern wichtiger Bestandteil ist. Außerdem wollen wir auch unseren Trainern Top-Bedingungen ermöglichen, sodass sie ihrer Arbeit perfekt nachgehen können.
Reichel: Natürlich möchte man so viele junge Spieler wie möglich irgendwann in der ersten Mannschaft sehen. Ab einem gewissen Punkt steht auch ein Geschäftsgedanke hinter einem NLZ, schließlich entstehen Kosten für die bestmögliche Ausbildung von Spielern. Am Ende erhofft man sich, dass ein Spieler entweder die erste Mannschaft weiterbringt oder seinen Marktwert steigert und dann verkauft wird. Diesen Unterbau zu schaffen, das ist der Grund, warum Profi-Klubs so zahlreich auf Nachwuchsleistungszentren setzen. Nicht zu vernachlässigen ist der Faktor, dass Identifikationsfiguren aus der eigenen Jugend einen Verein authentischer und allgemein positiver wirken lassen. Solche Spieler werden anders wahrgenommen und deshalb versucht man sie zu entwickeln. Unser NLZ steht momentan vor der Herausforderung, einer ‚vorauseilenden‘ ersten Mannschaft junge Spieler aus den eigenen Reihen zuzuführen. Dieser Prozess dauert in diesem sehr jungen Verein noch etwas an, zumal der ein oder andere Junge von noch größeren Vereinen abgeworben werden kann. Wir müssen uns noch einen gewissen Ruf erarbeiten, wobei der Erfolg der Profis natürlich eine tolle Unterstützung darstellt. Unsere Hauptaufgabe sehe ich schließlich darin, die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass unsere jungen Spieler irgendwann Profis werden. Dieser Ausbildungsaspekt steht im Vordergrund. Neben dem Sportlichen ist uns dabei jedoch sehr wichtig, dass sich die Jungs auch persönlich weiterentwickeln und bestenfalls abseits des Platzes Abschlüsse und Ausbildungen absolvieren und auf ein Leben als selbständige Erwachsene vorbereitet werden.
fci.de: Wie sieht die konkrete Zielsetzung für die Teams im Leistungsbereich (U 17, U 19, U 23) aus?
Reichel: Mit der U 23 befinden wir uns in der Liga, in der wir spielen wollen. Die Regionalliga Bayern ist optimal, um junge Spieler an den Profi-Fußball heranzuführen. Dort stellen wir ein gutes und schlagkräftiges Team, dass mit dem Abstieg nichts zu tun haben wird. Stattdessen wollen wir eine möglichst gute Rolle spielen, sehen das Team aber vor allem unter dem Ausbildungs-Aspekt. Das heißt, dass nicht immer zwingend die stärkste Elf spielen wird, sondern wir Spielern auch Chancen geben und Anreize setzen wollen, damit sie sich optimal entwickeln können. Mit der U 19 kann unser Saisonziel nach dem Aufstieg in die höchste Spielklasse für A-Junioren nur ‚Klassenerhalt‘ heißen. Das ist unser Ziel und es wird schwer genug, dieses in dieser starken Liga zu erreichen. Mit der U 17 wollen wir definitiv wieder in die Bundesliga aufsteigen!