Schalen, Schwabl und 6,80 Euro: Fünf Geschichten zum Duell mit Haching
02. Oktober, 2020 18.00 Uhr
Grandiose Fanrückkehr
Natürlich ist es noch nicht wieder so wie „davor“, aber für den eingefleischten Freund des runden Leders und des gepflegten Rasensports ist die Rückkehr ins Stadion doch der erste Schritt (dem hoffentlich bald der zweite folgt) zurück in „sein“ angestammtes Wohnzimmer. Geisterspiele sind für Anhänger und Spieler wie für die Menschen im Freistaat die Weißwurst ohne Brez´n und Senf oder der Christkindlmarkt ohne Glühwein. Lob von allen Seiten prasselte nach der Saisonpremiere des FCI gegen Uerdingen auf die Schanzer Fans und deren sensationellen Support ein. Trainer, Mannschaft, Offizielle, aber vor allem auch viele neutrale Beobachter. zollten dem „zwölften Mann“ der Donaustädter ein Riesenkompliment. Nicht nur, dass ihr unser Team über 90 Minuten lautstark angetrieben habt, ihr hattet auch ein unglaublichen Feingespür für genau die Situationen, in denen Euch die Mannschaft ganz besonders brauchte. Vor allem in der Schlussphase der Begegnung standet ihr wie eine Wand hinter unserer Elf und hattet mit der grandiosen Anfeuerung großen Anteil am 2:1-Auftakterfolg gegen die Krefelder. Macht es am Samstag nochmal liebe Fans – auf geht´s Schanzer!
Gut gehandelt – Haching an der Börse
Im Juli 2019 wagte die SpVgg Unterhaching den Gang an die (Münchener) Börse und ist damit nach Borussia Dortmund der zweite börsennotierte Fußballclub Deutschlands. Der Geldsegen war und ist für einen Drittligisten immens. Fans und Investoren zeichneten die Haching-Aktie zu einem Festpreis von 8,10 Euro. Gut 330.000 der Papiere wurden dabei an den Mann bzw. die Frau gebracht, was eine Einnahme von rund 2,7 Mio. Euro bedeutet. Vorbörslich hatten die Münchener Vorstädter knapp 550.00 etwas günstigere Aktien ausgegeben, was nochmals knapp 4 Mio. Euro in die Vereinskasse spülte. Am ersten Handelstag schloss der Anteil an der SpVgg übrigens bei 10,80 Euro. Aktuell wird das Papier mit etwa 6,80 Euro gehandelt.
Zwei Schalen in München
Ähnlich dem FC Ingolstadt 04 war auch die SpVgg Unterhaching zwei Jahre lang in der Fußball-Bundesliga vertreten. Die Münchener Vorstädter stiegen 1999 auf und 2001 wieder ab. Das aufsehenerregendste Spiel während der Oberhauszugehörigkeit fand zweifelsfrei am 20. Mai 2000, dem letzten Spieltag der Saison 1999/2000, statt. Kapitän Michael Ballack trat mit Bayer Leverkusen im Hachinger Sportpark an, um erstmals die Deutsche Meisterschaft zu holen und damit den „Bayer Vizekusen-Fluch“ loszuwerden. Ein Punkt beim krassen Außenseiter hätte genügt… Reine Formsache? Mitnichten! In der 21. Minute flankt Hachings Danny Schwarz von der rechten Seite, die Bayer-Abwehr war nicht im Bilde, Ballack wollte im eigenen Strafraum aushelfen und versenkt die an sich harmlose Hereingabe zum 0:1 ins eigene Tor. Der Underdog rührte danach Beton an und Bayer biss sich an der Abwehr die Zähne aus. Schließlich sorgt Markus Oberleitner nach einem Konter per Kopf für den 2:0-Endstand. Die DFB-Vertreter waren mit der Meisterschale in den Sportpark gereist, um diese nach dem Spiel an die Mannschaft des Bayer 04 Leverkusen zu übergeben. Der – von nur wenigen als möglich angesehene – Sieg des Aufsteigers verhinderte dieses, und so wurde im nur wenige Kilometer entfernten Münchner Olympiastadion nur eine Kopie der Meisterschale an den neuen Deutschen Meister übergeben. Haching beendete seine erste Spielzeit in der höchsten deutschen Fußballliga schließlich auf dem 10. Tabellenplatz vor Dortmund und Schalke.
Das Gesicht und der Kopf der SpVgg
Seit 2010 prägt der ehemalige Profi und Ex-Nationalspieler Manfred „Manni“ Schwabl wie kein anderer das Bild der SpVgg Unterhaching. Zunächst als Nachwuchskoordinator, dann als Sportlicher Leiter und seit 2012 als Präsident hat der 54-Jährige bei den Münchener Vorstädtern die Zügel feste in der Hand.
Manfred Schwabls Sohn Markus ist wichtiger Bestandteil des aktuellen Haching-Teams (Foto: Bösl / KBUMM).
Schwabls Karriere im bezahlten Fußball begann, als er, aus der Jugendabteilung des FC Bayern München kommend, zur Saison 1984/85 einen Profivertrag bei den Münchenern erhielt. Sein Bundesliga-Debüt gab er am 8. Oktober 1985 beim 6:0-Heimsieg über Hannover 96. Sein erstes Profitor erzielte er allerdings für den 1. FC Nürnberg, zu dem er 1986/87 gewechselt war. Nach drei Spielzeiten zusammen mit Andreas Köpke kehrte er 1989 zu den Münchnern zurück, wechselte aber in der Winterpause erneut zum „Club“ nach Nürnberg, mit dem er im Frühjahr 1994 abstieg. Schwabl erinnert sich an seinen verschossenen „Elfer im ominösen Spiel gegen die Bayern mit dem Phantom-Tor von Thomas Helmer. Hätte ich getroffen, wäre das Spiel 2:2 ausgegangen, die Partie wäre nicht wiederholt worden und wir nicht abgestiegen. Wir verloren aber die Neuauflage mit 0:5 und mussten runter.“ Nach einem kurzen Intermezzo in Österreich nutzte der Ex-Nationalspieler eine Offerte des TSV 1860 München für die Rückkehr in die deutsche Elitespielklasse. Ab dem 5. Spieltag der Saison 1994/95 lief er für die „Löwen“ wieder in der Bundesliga auf. Nach der Saison 1996/97 bei der sich der TSV 1860 erstmals für den UEFA-Pokal qualifizierte, wurde Mannschaftskapitän Schwabl als Drahtzieher eines Boykotts der Saisonabschlussfeier des Präsidenten Karl-Heinz Wildmoser ausgemacht, der „Feten-Affäre“. Die Mannschaft hatte zeitgleich eine eigene Abschlussparty organisiert. Das gefiel dem Präsidenten nicht und hatte Schwabls Abschied zur Folge. In seiner aktiven Laufbahn brachte es „Manni“ auf vier A-Länderspieleinsätze.
Nach seiner Karriere betrieb Schwabl einen Sportpark in seiner Heimatstadt Holzkirchen, den er später verkaufte. Nach der erfolglosen Sanierung eines von ihm erworbenen Bauunternehmens musste er Insolvenz anmelden. Seit Mai 2010 war er Nachwuchskoordinator, seit September 2011 sportlicher Leiter der SpVgg Unterhaching. Schon seit 28. Juni 2012 ist Schwabl Präsident des SpVgg Unterhaching e. V. sowie seit Ende 2018 Geschäftsführer der Haching Verwaltungs GmbH, die die Geschäfte der Profi-KGaA führt. Zudem hält er über die Schwabl GmbH 19,34 Prozent der Aktien der Profi-KGaA.
Kleiner Mann ganz groß
Für die Fans des TSV 1860 München war er nach dem Zweitligaaufstieg Anfang der 1990er Jahre der „König von Giesing“, für die Sport-Bild ist er „Deutschlands erfolgreichster Amateurtrainer“ aller Zeiten. 51 Meisterschaften und Pokalsiege heimste Karsten Wettberg im Laufe seiner Trainerkarriere ein. Der pensionierte Postoberamtsrat, der unter anderem auch Träger des Bundesverdienstordens ist, war in seiner langen Laufbahn aber auch für die SpVgg Unterhaching und die beiden FCI-Vorgängervereine MTV und ESV Ingolstadt tätig. Von 1980 bis 1983 trainierte der heute 78-Jährige die Lilaweißen und führte die Mannschaft zur souveränen Bayernligameisterschaft. 1983 übernahm Wettberg die Eisenbahner, die er am Ende seiner ersten Spielzeit als Meister aus der viertklassigen Landesliga Bayern in die Bayernliga führte. Von 1987 bis 1990 war der Erfolgscoach dann beim aktuellen Gegner tätig. Auch mit der SpVgg Unterhaching gewann Wettberg die Bayernliga, scheiterte jedoch im ersten Anlauf in der Aufstiegsrunde zur 2. Bundesliga. Nach erfolgreicher Titelverteidigung zog der Klub jedoch im Folgejahr erneut in die Aufstiegsrunde ein. Dieses Mal setzte sich die Mannschaft mit drei Siegen durch und stieg verdient in die zweithöchste deutsche Spielklasse auf. Unvergessen die Feierlichkeiten nach diesem Triumph, bei denen Wettberg in spärlicher Badebekleidung den Sprung vom 10-Meter-Turm ins kühle Nass wagte. Im aktuellen Kader der Schanzer findet sich übrigens eine ehemaliger Rot-Blauer: Thomas Keller war bis Juni 2017 in Haching unter Vertrag, ehe er an die Donau wechselte.
Trug auch schon das Trikot der Hachinger: Unser Youngster Thomas Keller (Foto: Bösl / KBUMM).